11.2.2006

Der Jahrhundertkerl

Am 17. Februar 2006 ist es 150 Jahre her, dass der deutsche Dichter und Journalist Heinrich Heine seine Pariser Matratzengruft für immer verlassen musste. Nach dem 250. Geburtstag Wolfgang Amadeus Mozarts schon der zweite Jubiliäumsevent in diesem noch jungen Jahr.

Kein Wunder, dass sich die Zeitungen schon mal in Würdigungen warm laufen. In der aktuellen Literaturbeilage der Welt finden sich gleich zwei Texte, in denen die naheliegende Verbindung zwischen Heine und Tucholsky geschlagen wird. So antwortet Robert Gernhardt in einem Interview auf die Frage, ob die deutsche Literatur tatsächlich so humorfern wie ihr Ruf sei:

Nein, es trifft nicht zu. Heine steht ja keineswegs allein. Er bezog sich auf Lessing, der keinem Streit aus dem Weg ging und dabei auch seinen Witz einsetzte. Aber er hätte auch Lichtenberg nennen können, dessen Witz noch heute zündet. Auch Gellert und selbst Goethe haben komische Gedichte geschrieben, die heute noch zum Lachen sind. Und nach Heine hört die Reihe der deutschen Dichter nicht mehr auf, die komische Wirkung anstreben und auch erzielen: Auf Heine folgt Wilhelm Busch, dann Morgenstern, dann Ringelnatz, dann Tucholsky, dann Brecht, dann Kästner, dann Jandl. Nein, die komische Lyrik zieht sich wie ein roter Faden durch die deutsche Literaturgeschichte der letzten 250 Jahre.

In einem weiteren Text stellt Heine-Biograph und Tucholsky-Herausgeber Fritz J. Raddatz seine Alliterationsfähigkeiten unter Beweis: „Derlei Pirouetten eines unzuverlässigen Elegant verabscheute der biedere Barde Börne“, heißt es in „Die Moderne beginnt – hier“. Dem Artikel zufolge hat sich Heine bei seinen letzten Worten leicht versprochen: „Dieu me pradonnera, c’est son métier“, soll er gesagt haben, aber das rare Tucholsky-Zitat ist korrekt wiedergegeben:

Die Moderne hat das Individuum eingesetzt als einzig zuverlässige Größe, vom Aufkünden jeglicher Gefolgschaft, die ein Tucholsky in die Zeilen goß „was ist der Unterschied zwischen Mussolini, Stalin und Hitler? Ja, wer das wüßte“ (..)

schrieb, Verzeihung, goss er im Frühjahr 1932 in ein Buch, das er dem Schriftsteller Walter Mehring widmete.

Und in welches Verhältnis zu Heine setzte sich Tucholsky selbst? Darüber gibt beispielsweise der Text „Bänkelbuch“ Auskunft, in dem es heißt:

Herr Kästner und Herr Tiger sind Talente: Heinrich Heine aber ist ein Jahrhundertkerl gewesen. Einer, dessen Liebes-Lyrik – mit Ausnahme der letzten Lieder – dahin ist; aber einer, der das Schwert und die Flamme gewesen ist, eine Flamme, die bis zu Nietzsche hinaufloderte.

… und der mit der berühmten Feststellung endet:

Die Zahl der deutschen Kriegerdenkmäler zur Zahl der deutschen Heine-Denkmäler verhält sich hierzulande wie die Macht zum Geist.

Woran sich die Preisfrage anschließen lässt: Wo steht das Heine-Denkmal, das sich durch das folgende, leicht verspielte Detail auszeichnet:

Foto: © www.sudelblog.de

Nachtrag 17.2.: Die Antwort findet sich hier.

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