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Der Streit um die Schließung der Kurt Tucholsky-Bibliothek im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg hat das überregionale Feuilleton erreicht. Für die Frankfurter Rundschau hat Elke Buhr die Bibliothek besucht und erstaunliche Dinge beobachtet:
Die Senioren sind als erstes gekommen, sie sitzen vorne, erwartungsvoll: Nicht jeden Tag gibt es hier eine Lesung umsonst. Und was für eine. Maike Wetzel, Thomas Hettche, Tim Staffel, Thomas Brussig, sie alle werden an diesem Nachmittag in den kleinen Veranstaltungsraum der Tucholsky-Bibliothek für Kinder im Prenzlauer Berg kommen.
Das alles wird die Schließung der Bibliothek wohl nicht verhindern. Und Buhr deutet an, dass dadurch die schulischen Leistungen der Kinder im Bötzow-Viertel vermutlich nicht sinken werden:
Es gibt Yoga-Kurse für Kinder, Theater für Kinder, Kunst für Kinder, Angebote für Leute, die in die Kreativität ihres Nachwuchses auf hohem Niveau investieren wollen.
Eine Aneinanderreihung von Klischees, zu deren Verbreitung auch dieser Artikel aus der Zeit ein wenig beigetragen haben dürfte.
Dennoch ist es genauso schade, ob im Prenzlauer Berg, in Neukölln oder in Hohenschönhausen Bibliotheken dichtmachen müssen. Aber der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) verliert sein „breites Grinsen“ nicht, wie Buhr bemerkt. Schließlich bekam er gerade vom Bund 200 Millionen für die Sanierung der Staatsoper. Bleibt zu hoffen, dass die kreativen Kinder vom Prenzlauer Berg sich später wenigstens dort austoben dürfen.
Wie es mit den Protesten weitergeht, steht auf der Website von Pro Kiez unter prokiez.wordpress.com.
Zu hoffen ist eher, das die kreativen Yoga-Kinder auch dann noch Bibliotheken vorfinden, wenn die Szene und Geldkarawane nach Neukölln weiter gezogen ist und der Prenzl-Berg wieder öd und leer sit.
http://prokiez.wordpress.com
Kommentar by tucholsky — 5.12.2007 @ 15:43
Glücklicherweise sind wir, um die Schließung der Bibliothek zu verhindern, nicht auf klischeehafte Beschreibungen unseres Viertels angewiesen. Wer nicht nur Schaufenster studiert, sondern die Bibliothek an einem ganz normale Wochentag besucht, wird sehen, dass diese Institution ihr Publikum nicht erst suchen muss. Was nicht heißt, dass man sich zurücklehnen kann: auch Nonprofitorgansationen stehen in der Pflicht, ihr Angebot bekannt zu machen. Während die Berliner Stadtreinigung mit Erfolg Werbung für jeden Mülleimer macht, werden die gesellschaftlich nicht weniger wichtigen Filialen der Stadtbibliotheken totgespart. Von der Vernetzung der Bibliotheken mit anderen Bildungsangeboten, wie es Horst Köhler beid er Wiedereröffnung der Anna-Amalia-Bibnliothek jüngst anmahnte und wie es uns PISA-Gewinner wie Finnland vormachen, ist Deutschland weit entfernt. Kurt Tucholsky hat übrigens mal was über Menschen gesagt, die Bücher verbrennen. Ich wüsste gerne, welches Bonmot ihm zu Menschen eingefallen wäre, die Bücher verkommen lassen.
Kommentar by jansson — 9.12.2007 @ 14:13
Zur Verbrennung seiner Bücher hat Tucholsky 1933 lapidar bemerkt: „In Frankfurt haben sie unsere Bücher auf einem Ochsenkarren zum Richtplatz geschleift. Wie ein Trachtenverein von Oberlehrern. Nun aber zu Ernsthafterem.“ Auf Heinrich Heine geht der Satz zurück: „Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen.“
Zur zeitgemäßen Ausstattung von Bibliotheken machte Tucholsky dagegen ganz praktische Vorschläge: „Die Preußische Staatsbibliothek, der man die Kosten für eine mittlere Infanterie-Division bewilligen sollte, auf daß sie eine moderne Bibliothek werde (…) „.
Kommentar by fg — 9.12.2007 @ 15:29