Bahnstreik vor Gericht ohne Tucholsky
Bei Kurt Tucholsky verlor die Richterin die Geduld. Das Gedicht über die „Eisenbahner“ durfte Ulrich Fischer vor dem Arbeitsgericht Frankfurt nicht mehr vortragen. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte der Rechtsanwalt der Gewerkschaft der Lokführer das Gericht, die Vertreter der Deutschen Bahn und diverse Journalisten schon mehrere Stunden in Atem gehalten mit seinen Ausführungen zum Arbeitskampf seiner Mandanten.
Heißt es in der FAZ. Und man wundert sich natürlich, dass nach atemraubenden Ausführungen eines lebenden Juristen die Worte eines profilierten toten eher als weitere Anstrengung denn als Entspannung gesehen werden – zumindest von der Journalistin Melanie Amann.
Doch bevor sich nun die engagierte FAZ-Leserschaft selbst an ihr Tucholsky-Bücherregal begibt und Fischer möglicherweise dadurch missversteht, dass sie den Text „Eisenbahner“ von 1930 statt den von Fischer vorzutragen beabsichtigten „Eisenbahnerstreik“ von 1922 liest, sei er hiermit dargebracht:
EisenbahnerstreikUnnötig.
Aber ohne jedes Recht.
Die Frau, die Kinder wollen Schuhe.
Wißt ihr, wie solcher Dienst den Körper schwächt?
Tag-, Nachtschicht und das bißchen Ruhe.Ja, standet ihr schon mal am Führerstand?
Der Kessel glüht – es ziehn die Winde.
Heiß-kalt, kalt-heiß wird seine Führerhand . . .
Wo ist sein Sinn! Bei seinem Kinde?Wo ist sein Sinn? Die Augen spähn: »Fahrt frei!«
Er darf nicht einen Griff versäumen.
Er sieht das Vorsignal und Weiche III –
Ihr könnt auf weichen Polstern träumen,Wollt ihr nicht sichere Fahrt durch euer Land?
Wie soll der Dienst tun mit den Sorgen?
Zweihundert Leben in der einen Hand –
und dieser Hand will keiner, keiner borgen?Er hats nicht leicht der Mann vom Flügelrad.
Stets droht der Tod. Er soll nicht ein Mal fehlen.
Ihr tuts für euch. Macht seine Kinder satt!
Wer fünf Milliarden für die Reichswehr hat:
der darf uns nichts von Sparsamkeit erzählen!Autorenangabe: Theobald Tiger
Ersterscheinung: Die Weltbühne, 09.02.1922, Nr. 6, S. 149
[…] Gerade im Sudelblog gefunden, der es aus der FAZ hat. In einem Porträt über den Anwalt der Gewerkschaft GDL Ulrich Fischer schildert der Autor eine Szene vor Gericht: Bei Kurt Tucholsky verlor die Richterin die Geduld. Das Gedicht über die „Eisenbahner“ durfte Ulrich Fischer vor dem Arbeitsgericht Frankfurt nicht mehr vortragen. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte der Rechtsanwalt der Gewerkschaft der Lokführer das Gericht, die Vertreter der Deutschen Bahn und diverse Journalisten schon mehrere Stunden in Atem gehalten mit seinen Ausführungen zum Arbeitskampf seiner Mandanten. (Quelle: faz.de) […]
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„Flügelrad“ –
– das Wort musste ich erst nachsuchen, da K.T. es hier mit erheblicher, unmittelbar präsenter Symbolkraft auszeichnet.
Es ist das Wappen und Dienstemblem, das Eisenbahner tragen, das aber auch auf Ausrüstungsgegenständen platziert wird.
Das Flügelrad ist seit dem 19. Jahrhundert auf der ganzen Welt als Symbol der Eisenbahnen eingebürgert.
Es mag den ikonografischen Ursprung in Darstellungen des griech. Götterboten Hermes, der an den Schuhen mit Flügeln dargestellt wurde; was die Schnelligkeit und Leichtigkeit als Götterboten in seiner Unmittelbarkeit und Erlebbarkeit demonstrierte. Er war ein „Angelos“, eine Bote der Götter; und diese beruflich-mythologische Flügelei fiel später auch noch den barocken Engelchen, den Putten, zu; … bis sich solche überrationale Bedeutung von Schicksal oder Ergebenheit und Unterordnungsbereitschaft in der technisch sich aufrüstenden Gesellschft ad absurdum führten.
Auf Münzen und Uniformen der Eisenbahnbeschäftigten und im „Firmenlogo“ der Eisenbahnen wurde das Flügelrad dargestellt. Als Markenzeichen ist das Flügelrad im
Dienstleistungssektor mehrfach geschützt. Soweit heute noch das Eisenbahn-Flügelrad Verwendung findet, wird es immer mehr stilisiert und durch Neuschöpfungen ersetzt.
Das geflügelte Rad ist das Kennzeichen des Berufs und des Standes der Eisenbahner geblieben.
Hier, eine Abbildung in einfacher Form
http://www.eisenbahn-in-dalheim.de/Fluegelrad3.gif
Kommentar by Antoninus — 8.8.2007 @ 12:56
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Ich schaff selber als Lokführer bei der Bahn und werde auch nächste Woche an der Arbeitsniederlegung beteiligen. Dazu bestelle ich auf nachfolgender Internetseite Aufkleber und hänge sie auf.
Kommentar by Melisa Sottile — 15.2.2011 @ 15:37