Der gemeinfreie Tucholsky
Mit dem 31. Dezember ist nicht nur das Jahr 2005, sondern auch der Urheberschutz für die Werke Tucholskys abgelaufen. Vom heutigen Tag an können seine Texte beliebig vervielfältigt und aufgeführt werden. Die bisherige Inhaberin der Rechte, die in Hamburg ansässige Tucholsky-Stiftung, muss in Zukunft auf ihre Lizenzeinnahmen verzichten. Ebenfalls wird der Rowohlt-Verlag nicht mehr exklusiv die Werke Tucholskys vermarkten können.
Verschiedene Verlage haben bereits eigene Tucholsky-Ausgaben angekündigt (DTV, Diogenes). Auch im „Projekt Gutenberg“, das digitalisierte Werke sammelt, sind bereits einige Texte nachzulesen, darunter auch die komplette Erzählung „Schloß Gripsholm“. Mit dieser kostenlosen Ausgabe werden sogar die Hoffnungen übererfüllt, die 1932 ein Oberrealschüler aus Nürnberg mit dem Tod Tucholskys verband:
„Lieber Herr Tucholsky!
Erlauben Sie mir, daß ich Ihnen zu Ihren Werken meine vollste Anerkennung ausspreche. Das wird Ihnen zwar gleichgültig sein – aber ich möchte doch noch eine weitere Bemerkung hinzufügen. Hoffentlich sterben Sie recht bald, damit Ihre Bücher billiger werden (so wie Goethe zum Beispiel). Ihr letztes Buch ist wieder so teuer, daß man es sich nicht kaufen kann.
Kurt Tucholsky: „Avis an meinen Verleger“, in: Die Weltbühne, 1.3.1932
Dem Oberrealschüler waren die Werke Tucholskys offenbar besser vertraut als die Einzelheiten des deutschen Urheberrechtes, denn sonst hätte er sich ausrechnen können, dass er frühestens im hohen Alter von fast 90 Jahren in den Genuss einer billigeren Tucholsky-Ausgabe hätte kommen können. Vielleicht geht sein Jugendwunsch nun endlich in Erfüllung.
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