Die „Welt“ der Konservativen
In der „Welt“, wo sonst, hat Elmar Krekeler eine Lanze für den Konservatismus gebrochen. Zumindest für das, was er darunter versteht. Im Editorial der Literarischen Welt heißt es unter dem Titel „Konservativ ist in“:
Konservativ sein, hat nichts mit Herrenreitertum zu tun, nichts mit rechts oder links (die Kategorien gelten eh nichts mehr). Konservativ sein ist eine Frage der Konsistenz.
Als schlechtes Beispiel für ein nicht-konservatives, weil inkonsistentes Verhalten wählt Krekeler die SPD. Was sonst. Dabei muss er nicht einmal auf die aktuelle Situation der SPD zurückgreifen. Er bedient sich eines recht prägnanten Tucholsky-Zitates:
„Es ist ein Unglück, daß die SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands heißt. Hieße sie seit dem August 1914 Reformistische Partei oder Partei des kleinern Übels oder Hier können Familien Kaffee kochen oder so etwas -: vielen Arbeitern hätte der neue Name die Augen geöffnet, und sie wären dahingegangen, wohin sie gehören: zu einer Arbeiterpartei. So aber macht der Laden seine schlechten Geschäfte unter einem ehemals guten Namen.“ (Kurt Tucholsky 1920)
Davon abgesehen, dass das Zitat aus dem Jahre 1932 und nicht aus 1920 stammt, macht seine Verwendung einen jähen Wandel im Denken der „Welt“ deutlich. Ist es doch noch gar nicht so lange her, dass sich die Redaktion heftig dagegen wehrte, genau diesen (oder irgendeinen anderen) Tucholsky-„Schnipsel“ wieder hervorzukramen:
Nein, mit diesen „Schnipseln“ des Kurt Tucholsky lässt sich nun wirklich nichts mehr anfangen. Aber die Bettszenen aus seinem „Schloss Gripsholm“, die sollte man natürlich lesen (…)
lautete das Urteil damals. Ist das etwa konsistent? Sicher nicht. Und, in Abwandlung von Krekelers letztem Editorial-Satz, ließe sich somit behaupten: Dass die „Welt“ ihrem eigenen Verständnis nach nicht mehr konservativ ist, hätte sie wohl auch nicht gedacht.