Was darf Photoshop?
Wenn demnächst wieder mit dem Hinweis auf einen gewissen Herrn Tucholsky irgendwo behauptet wird, die Satire dürfe alles, sei bereits jetzt darauf hingewiesen, dass nicht unerhebliche deutsche Gerichte dies zum Teil anders sehen. So zum Beispiel das Bundesverfassungsgericht. Dort wurde unlängst einer Beschwerde des früheren Telekom-Chefs Ron Sommer stattgegeben, der seine Persönlichkeitsrechte durch eine angeblich satirische Fotomontage der „Wirtschaftswoche“ verletzt sah. Die Verfassungsrichter argumentierten in ihrer Urteilsbegründung sinngemäß: Die Satire darf alles, aber nicht so wirken, als sei sie authentisch. In der Pressemitteilung des Gerichtes heißt es halbwegs verständlich:
Die Meinungsfreiheit umfasst die grafische Umsetzung einer kritischen Aussage eines Zeitschriftenartikels auch durch eine satirisch wirkende Fotomontage. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt aber vor der Verbreitung eines technisch manipulierten Bildes, das den Anschein erweckt, ein authentisches Abbild einer Person zu sein. Ein solcher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht wird auch dann nicht durch die Meinungsfreiheit gerechtfertigt, wenn das Bild in einen satirischen Kontext gerückt wird.
Die Prozessbeteiligten waren sich einig darüber, dass Sommers Kopf nur um fünf Prozent gestreckt worden sei. Mit gravierenden Folgen für dessen Gesicht, wie Sommers Anwälte behaupteten:
Es wirke in Folge des technischen Eingriffs insgesamt länger, Wangen und Kinn seien fleischiger und breiter, der Kinnbereich fülliger und die Hautfarbe blasser als auf der Originalaufnahme. Der Kopf sei zudem im Verhältnis zum Körper insgesamt zu klein und sitze zu tief auf den Schultern, sodass der Hals kürzer und dicker erscheine.
Wie gut, dass sich ein gewisser Herr Tucholsky nicht mehr über die (ausgerechnet) hier zu findende Streckung seines Kopfes um rund 20 Prozent beschweren kann. Was darf eine Marketingabteilung? Vieles, aber bestimmt nicht so etwas:
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