Zieh Dich aus, deutscher Witz
Die ARD will in einer dreiteiligen Reportage und Dokumentation das Wesen des deutschen Humors ergründen und „deutsche Lachgewohnheiten“ der vergangenen 60 Jahre beschreiben. Das gibt den übrigen Medien natürlich Gelegenheit, die sattsam bekannten Klischees über den Humor der Deutschen hervorzukramen. So schreibt Stefan Behr in der Frankfurter Rundschau darüber:
Ach ja, die Deutschen und der Humor. Ein weites Feld, aber kein unbeackertes. Was da schon alles geschrieben und erzählt wurde. Meistens Quatsch. Dass der Deutsche als solcher zum Lachen in den Keller geht und das sehr selten, weil er ohnehin keinen Humor hat. Wenn dem so wäre, dann müssten Gestalten wie Tucholsky, Busch, Valentin, Gernhardt und Loriot vom Himmel gefallen sein.
Wobei Tucholsky wiederum in dem wenig bekannten Text „Etwas vom Humor“ die These vertritt, dass von der geringen Zahl deutscher Humoristen eben nicht auf den durchaus vorhandenen deutschen Humor geschlossen werden könne.
Die erste Folge der ARD-Dokumentation widmet sich übrigens dem „Sex und so“. Welche Art Witze Tucholsky zu diesem Thema beizusteuern hatte, ist dem vor kurzem erschienenen Band 18 der Gesamtausgabe zu entnehmen. Darin begründet er einen Besuch bei seinen Kriegskameraden Jakopp und Karlchen wie folgt:
Ich muß schon deshalb kommen, weil ich einen ganzen Waschkorb voller Witze weiß – so den: Der Großfürst Dimitrij fährt in der Bahn. Gegenüber eine sehr schöne Dame. Der Großfürst: «Fahren Gnädige nach Warschau?» – Die Dame: «Nein.» – «Fahren Gnädigste nach Krakau?» – «Nein.» – Der Großfürst: «Genug geflirtet! Zieh dich aus!»
Dachszeit
– kein Witz –
Die Aktien der Literatur-
Krähen, Elstern und Worthäher
steigen, sie fressen
Singvogelnester leer:
Gesänge oder Glossen
rechnen sich nicht,
weil Gottes Päpste regieren
und die der Gottlosigkeit.
Unter den Büschen schnüffeln
nachts
einige Dachse
und spüren ein Kribbeln
in der Zunge und une den Sohlen:
„Der Boden schwankt. Wozu? Wofür?“
Kommentar by Antoninus — 19.3.2007 @ 18:05