Im August 2009 wurde hier auf das wohl am besten versteckte Denkmal Berlins hingewiesen: die Tucholsky-Büste und -Stele in der Pankower Neumannstraße. Damals fand sich das Ensemble kaum sichtbar hinter einem dichten Gebüsch verborgen, unmittelbar neben der dortigen Kurt-Tucholsky-Oberschule. Diese war dann sehr froh, ihrem Namensgeber im April 2011 einen angemessenen Standort zuweisen zu können: Das Denkmal wanderte per Kran auf das Schulgelände – direkt unter den Namenszug der Schule. Doch die Freude war nur von recht kurzer Dauer. Seit Ende Februar ist die Büste weg.
Es geschah am Freitag, den 24. Februar. Ramona Klinge vom Sekretariat und Förderverein der Schule ist empört über die Dreistigkeit der Diebe. Am helllichten Tage hätten sie zugeschlagen, sagte sie auf Anfrage. Im Fahndungsaufruf der Polizei heißt es:
Zwei unbekannte Täter, welche mit einem weißen Transporter unterwegs waren, entwendeten am 24. Februar 2012 in der Zeit zwischen 12.45 bis 13.00 Uhr in Berlin-Pankow, Neumannstr. 11 eine Bronzestele mit Büste des Namensgebers der Schule.
Dass es ihnen nicht um das Kunstwerk oder gar Tucholsky ging, ist für Klinge klar. Die Diebe hatten es wohl auf den Materialwert der Bronzestatue abgesehen, der bei 2.400 Euro liegen soll. Das ungleich massivere Bronzerelief blieb jedoch stehen. Dieses lässt sich nicht so einfach abmontieren und mitnehmen. Am selben Tag sollen in Berlin noch zwei weitere Denkmäler gestohlen worden sein.
Das noch komplette Denkmal an der Tucholsky-Oberschule.
Nicht nur die Schulleitung, auch viele Schüler seien traurig gewesen, dass »ihr« Tucholsky geklaut worden sei, sagte Klinge. Dies findet seinen Ausdruck auch in einer Kunstaktion, die sich mit dem Diebstahl beschäftigt. Die Schüler entwarfen mehrere Installationen, die nun anstelle der gestohlenen Büste aufgestellt werden. Vor den Osterferien stand ein schwarzer Stuhl – natürlich festgeschraubt – neben dem leeren Sockel.
Die erste Installation am Sockel der gestohlenen Büste.
Auf dem Stuhl lag ein aufgeschlagenes Buch mit einem Porträtfoto Tucholskys. Daneben ein umgekipptes Fässchen mit roter Tinte sowie ein Stift. Tintenspritzer beflecken wie Blut die Buchseiten.
Auch die Frage nach einem Ersatz der Büste wird gestellt. Vielleicht hat der Künstler Ulrich Skoddow noch ein Modell der Büste aufbewahrt. Damit ließe sich dann eine Replik herstellen, die jedoch nicht mehr aus Bronze bestehen soll. Schließlich will man den kulturlosen Metalldieben keinen neuen Anreiz bieten.
Am kommenden Mittwoch, den 11.3.2015, 14.45 Uhr weihen wir ein neues Tucholskydenkmal ein. Es entstand in der Projektwoche 2014 unter Anleitung des Künstlers Aron Rauschhardt und der Kunstlehrerin Marion Krüger mit Schüler/innen der 7. und 11. Klasse. Finanziert wurde das Projekt vom Förderverein der Schule und über das Kulturagentenprogramm.
Die neuen Skulpturen, es sind derer zwei an der Zahl, können das Gestohlene nicht ersetzen, sind aber um so mehr ein Ausdruck dafür, welch großes Interesse bei den Schülern besteht, die enstandene Lücke kreativ zu füllen.
Ncht zuletzt solte auch erwähnt sein, dass die Schüler auch aktiv an der Finanzierung beteiligt waren. Hierzu gab es einen Spendenlauf, bei dem
voller Begeisterung alle gern ihr Bestes gaben. Herzlichen Dank dafür auch an dieser Stelle.
Der Künstler der Bronze-Skulpturen Ulrich Skoddow konnte leider nicht erreicht werden, aber aus vergangenen Kontakten schließend, bin ich sicher, auch er wäre sehr zufrieden mit dem Ersatz. . . Und ich glaube fast, der olle Tucholsky selbst hätte seine Freude an sich.
Da über die neuen Skulpturen zweifach so begeistert kommentiert wird, möchte ich zum Ausgleich des Gewichtes anmerken, dass diese im Vergleich zu vorher mir recht gewöhnungsbedürftig erscheinen.
Sie komplimentieren die gemäldeartigen Inschriften an der Häuserwand zwar treffender, aber liegt der Grund eher im Budget?
Zu sehen sind sie unter: https://bildhauerei-in-berlin.de/bildwerk/denkmal-fuer-kurt-tucholsky-8027/
Es regt zumindest zur Diskussion an, die sich noch nicht so richtig niedergeschlagen hat.