Einen fantasievollen Umfang mit einem Tucholsky-Text beweist die „Welt“ in einem Artikel über durchgedrehte Fußballfans. Autor Oskar Beck stellt darin die Frage, ob Schiedsrichter und Spieler vor den Attacken der Fans nur noch durch einen Zaun wirkungsvoll geschützt werden könnten. Und fährt fort:
Kurt Tucholsky hat diese Art des Schutzes in anderem Zusammenhang begeistert beschrieben, in seinem „Affenkäfig“ – da sagt, mit einem verächtlichen Seitenblick auf die Zuschauer, der eine Schimpanse erleichtert zum anderen: „Wie gut, daß die alle hinter Gittern sind.“
Oskar Beck scheint seinen Tucholsky ganz gut gelesen zu haben, dass er diesen Affendialog so plastisch wiedergeben kann. Das Problem ist nur: Weder gibt es diese Szene in dem erwähnten Text, noch stammt der zitierte Schimpansensatz von Tucholsky. Denn sein Artikel beginnt wie folgt:
Affenkäfig
Der Affe (von den Besuchern): „Wie gut,
daß die alle hinter Gittern sind -!“
Alter SimplicissimusIn Berlins Zoologischem Garten ist eine Affenhorde aus Abessinien eingesperrt, und vor ihr blamiert sich das Publikum täglich von neun bis sechs Uhr. (…)
Peter Panter: „Affenkäfig“, in: Die Weltbühne, 16.10.1924, S. 585
Dass ein nicht von Tucholsky stammendes Zitat diesem zugeschrieben wird, passiert leider oft genug. Sich aber gleich noch die passende Textstelle dazu auszudenken: Das zeugt von reichlich Chuzpe.