Der kleine Peter Pan(ter)

Für ein Spiegel-Sonderheft Wissen hat sich Renate Nimtz-Koester mit der schwierigen Kindheit von Literaten beziehungsweise Künstlerkindern beschäftigt. In ihrem Artikel »Wie das Ich entsteht« nimmt die familiäre Situation Tucholskys einen breiten Raum ein:

Kurt, das Kind aus gutbürgerlich-jüdischer Familie wurde, wie seine Geschwister, von der unerbittlichen Mutter malträtiert. »Ich könnte wie ein Gott in Frankreich leben, hätte ich die verfluchten Bälger nicht.« Als schreiende, übellaunige Tyrannin beherrschte die Frau ihre beiden Söhne und Tochter Ellen. Anerkennung oder gar Liebe gab es niemals: »Wir waren ein Nichts«, schrieb später Ellen.

Der geliebte, vielbeschäftigte Vater hatte auf das häusliche Leben wenig Einfluss, der 15-jährige Kurt musste dessen qualvollen Syphilistod miterleben und auch, wie die Mutter dem Sterbenden das Morphium verweigerte.

Das trifft alles durchaus zu und ist hinreichend bekannt. Es ist zu vermuten, dass Tucholsky-Biograf Michael Hepp dies das der Autorin sagte. Sagte? Ist Hepp nicht im September 2003 bereits gestorben? Dann kommt einem diesem Passage aber merkwürdig vor:

»Da betrieb einer öffentlich Psychoanalyse«, sagt Tucholsky-Biograf Michael Hepp, »sezierte seine eigenen Leiden und Empfindungen.«

Aber »sagt Tucholsky-Biograf Michael Hepp« klingt eben viel aktueller und persönlicher als »urteilt Michael Hepp in seiner 1998 erschienenen Tucholsky-Biografie«, wo sich das Zitat auf Seite 110 und der Hinweis auf das Peter-Pan-Syndrom an anderer Stelle findet.

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