Mit Zille bei Vornehms

Der Maler und Graphiker Heinrich Zille ist am heutigen Tag vor 150 Jahren geboren worden. In ihren Würdigungen Zilles hoben die Nachrichtenagenturen dpa und epd auch die besondere Verehrung hervor, die Tucholsky für Zille empfand. Diese manifestierte sich beispielsweise in dem langen Text „Berlins Bester“, der im Januar 1925 erschien. Zum Tode des Malers im August 1929 dichtete ihm Theobald Tiger einen Nachruf, aus dem dpa die Zeilen zitierte: „Du kennst den janzen Kleista – den ihr Schicksal: Stirb oda friß! Du warst ein jroßa Meista. Du hast jesacht, wies is.“

Weniger bekannt ist wohl folgende Anekdote aus dem Text „Dichtung“, in dem er Zille als humoristischen Schriftsteller lobte:

Unter den jüngeren Literaten findet sich meist eine merkwürdige Verachtung des Humors. Es ist, als habe man sich zu schämen, wenn man gelacht hat. Eisige Mienen ringsum belehren dich, daß man sich in seiner Gesellschaft nicht den Kragen abbindet. Und es gibt meines Erachtens nur einen, der in unserer Literatur wirklich Humor hat: das ist der Schriftsteller Heinrich Zille. Der Schriftsteller – denn der Mann hat Bücher geschrieben, die weit über seine Zeichenkunst hinausgehen. Und ich besinne mich, mit ihm einmal bei einer sehr vornehmen Familie eingeladen gewesen zu sein, wo es so fein zuging, daß wir Beklemmungen bekamen; Papa spielte Harmonium, Mama wackelte vor innerem Adel mit allem, wo gibt – und die Kinder waren so altklug, daß einem das Grauen ankam. Auf dem Nachhauseweg fragte ich Zille, wie es ihm gefallen habe. Er dachte einen Augenblick nach und sagte dann: „Die Leute sind emsig glücklich!“
Peter Panter: „Dichtung“, in: Vossische Zeitung, 25.12.1924

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