Es begann mit einem „Märchen“

Heute ist es auf den Tag genau 100 Jahre her, dass die ersten Texte von Kurt Tucholsky in der Presse erschienen sind. Am 22. November 1907 veröffentlichte die Satirebeilage des Berliner Tageblatts, der Ulk, zwei anonyme Texte unter den Titeln „Märchen“ und „Vorsätze“. Ihr Autor war der 17 Jahre alte Tucholsky, der in dieser Zeit von einem Privatlehrer auf das Abitur vorbereitet wurde.

Schon in diesen beiden Glossen deutet sich an, was für den späteren Autor Tucholsky charakteristisch werden sollte: Ein virtuoser Umgang mit der Sprache und ein respektloses Verhältnis zur Obrigkeit.

So unterstellte er im „Märchen“ niemand Geringerem als Kaiser Wilhelm II., dass dieser kein Verständnis für die moderne Kunst habe. Auch wenn die „ganze moderne Richtung“, auf die der Kaiser in dem Text pfeift, eigentlich gar nicht in seiner kleinen Flöte war. Es fehlten Expressionisten wie die Künstler der „Brücke“ oder des „Blauen Reiters“ sowie Vertreter von Kubismus und Futurismus, heißt es in der Tucholsky-Gesamtausgabe.

In dem Text „Vorsätze“ klingt ein Motiv an, das auch später für Tucholsky von großer Bedeutung sein sollte: die angemessene Bezahlung für seine literarische Produktion. Der Onkel, den er um Geld bitten wollte, war vermutlich Max Tucholski, der Bruder seiner Mutter Doris. Dieser war nach dem Tode von Tucholskys Vater Alex im Jahre 1905 Kurts Vormund geworden und verwaltete dessen beachtlichen Erbteil.

Nach diesen beiden Veröffentlichungen war er zunächst wieder ruhig um Tucholskys journalistische Karriere. Erst dreieinhalb Jahre später, im April 1911, sollte sein nächster Artikel erscheinen. Dieses Mal im Vorwärts, dem Parteiblatt der SPD, für das er in den folgenden beiden Jahren regelmäßig schreiben sollte. Richtig los ging es mit dem Journalismus jedoch erst am 9. Januar 1913, Tucholskys 23. Geburtstag. Von diesem Tag an war er Mitarbeiter der Schaubühne, die ihn nie wieder loslassen sollte.

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