Ich will den Gänsekiel in die schwarze Flut tauchen. Ich will einen Roman schreiben. Schöne, wahre Menschen sollen auf den Höhen des Lebens wandeln, auf ihrem offenen Antlitz soll sich die Freiheit widerspiegeln …
Nein. Ich will ein lyrisches Gedicht schreiben. Meine Seele werde ich auf sammetgrünem Flanell betten, und meine Sorgen werden kreischend von dannen ziehen …
Nein. Ich will eine Ballade schreiben. Der Held soll auf blumiger Au mit den Riesen kämpfen, und wenn die Strahlen des Mondes auf seine schöne Prinzessin fallen, dann …
Ich will den Gänsekiel in die schwarze Flut tauchen. Ich werde meinem Onkel schreiben, daß ich Geld brauche.
Autorenangabe: anonym
Ersterscheinung: Ulk, 22.11.1907.
Editionen: Kurt Tucholsky: Gesamtausgabe. Texte und Briefe. Hrsg. von Antje Bonitz, Dirk Grathoff, Michael Hepp, Gerhard Kraiker. 22 Bände, Rowohlt Verlag, Reinbek 1996ff., Band 1, Texte 1907-1913.
Ders.: Gesammelte Werke in 10 Bänden. Hrsg. von Mary Gerold-Tucholsky und Fritz J. Raddatz. Rowohlt Verlag, Reinbek 1975. Band 1, S. 39 ff.
[…] Heute ist es auf den Tag genau 100 Jahre her, dass die ersten Texte von Kurt Tucholsky in der Presse erschienen sind. Am 22. November 1907 veröffentlichte die Satirebeilage des Berliner Tageblatts, der Ulk, zwei anonyme Texte unter den Titeln "Märchen" und "Vorsätze". Ihr Autor war der 17 Jahre alte Tucholsky, der in dieser Zeit von einem Privatlehrer auf das Abitur vorbereitet wurde. […]
[…] Vorsätze […]