Wie gut, dass es noch Menschen wie George W. Bush und Dick Cheney gibt. Sonst hätte man sich als Veranstalter vielleicht noch Sorgen darüber machen müssen, dass eine Tagung, die sich mit dem Pazifisten und Antimilitaristen Kurt Tucholsky beschäftigt, gar nicht mehr zeitgemäß ist.
Wie gut, dass es noch Zeitungen wie die Junge Welt gibt. Sonst hätte überhaupt kein Medium von besagter Tagung Kenntnis genommen, obwohl, – Bush und Cheney sei Dank -, sie an Aktualität leider nichts zu wünschen übrig ließ.
So versucht Autorin Doreen Hoffmann in ihrem Artikel „Zuviel Gehorsam“ denn auch, die aktuellen Aspekte der Vorträge und Diskussionen hervorzuheben. Etwas merkwürdig klingen dabei ihre Passagen zu einem Vortrag der Juristin und Uni-Mitarbeiterin Ursula Blanke-Kießling, die über ihre Dissertation zum Staatsverständnis bei Tucholsky vortrug. Woraus bei Hoffmann eine „Staatsdienerin“ wurde, die „sich mit dem Verhältnis von Dichtkunst und Staat aus rechtswissenschaftlicher Sicht beschäftigte“. Dass Blanke-Kießling die rhetorische Frage stellte, was im Vergleich zur Weimarer Republik denn von Tucholskys Kritik heutzutage noch gültig sei, stößt in der Jungen Welt natürlich auf wenig Verständnis. Schließlich leben wir „in den Zeiten der neoimperialistischen Weltordnungskriege“. Siehe ganz oben.
Die Wiedergabe der Podiumsdiskussion bleibt dem selben Duktus verhaftet. Was von wem genau gesagt wurde, soll sich im kommenden Jahr in einer geplanten Tagungsdokumentation nachlesen lassen.
Nicht solange muss man wohl auf die Dokumentation der Reden warten, die auf der Verleihung des Tucholsky-Preises im Deutschen Theater gehalten wurden. Auch in diesem Fall sei zunächst der Jungen Welt gedankt, die sich die Ehrung ihres Autors Otto Köhler nicht entgehen ließ, dabei aber Mitpreisträger Lothar Kusche ebenfalls gebührend zur Kenntnis nahm. Sehr anschaulich schildert Thomas Wagner in seinem Text „Auf der Zigarrenkiste“ vor allem den Auftritt der Laudatorin Gisela May. Was er von der Rede Köhlers schreibt, macht ebenfalls neugierig:
Wie die neue Konstellation entstand, unter denen die BRD durch den nach Adolf Hitler zweiten deutschen Kriegskanzler Gerhard Schröder und seine willigen Helfer Rudolf Scharping und Joseph Fischer wieder kriegstüchtig gemacht wurde, zeigte Otto Köhler in seiner blendend formulierten und im scharfen Ton gehaltenen Dankesrede auf. „Mit dem Ausruf ‚Nie-wieder-Ausschwitz‘ stürzten wir uns in den Krieg.“
Wie schön, dass die Junge Welt solche Autoren hat.
Nachtrag 26.10.: In der Wochenzeitung Freitag ist Köhlers Rede in gekürzter Form abgedruckt.
Leider ist mein Artikel so verändert worden, dass fast alle positiven und wertschätzenden Aspekte der Tagung schlichtweg gestrichen wurden. Gedruckt wurde somit eine seltsam gewichtete Kritik, die ich so nicht mit meinem Namen unterschrieben hätte.
Aber wahrscheinlich ist das „Journalismus“…