Nicht sein Sylt

Die Süddeutsche Zeitung hat sich das neue Buch von Fritz J. Raddatz angeschaut, in dem er „sein Sylt“ besingen soll. In ihrer Rezension stellt Regine Leitenstern fest:

Im Duktus mal fröhlich heiter, mal melancholisch wehmütig, mal bissig sarkastisch webt Raddatz einen bunten Teppich aus historischen Fakten, persönlichen Erinnerungen und Anekdoten sowie literarischen Zeugnissen berühmter Schriftstellerkollegen wie Thomas Mann, Kurt Tucholsky oder Max Frisch, die wie er der Insel verfallen waren.

Da scheint die Rezensentin aber etwas durcheinander geworfen zu haben. Wie heißt es in Raddatz‘ Buch:

„Sylt ist tausendmal schöner als Wangeroog“, schreibt schon Siegfried Jacobsohn 1920 an Kurt Tucholsky, „und ebenso viel mal mehr Nordsee“; und nach einem Besuch Thomas Manns in seinem Haus in Kampen schreibt der Kritiker, der sommers seine „Weltbühne“ von hier aus redigierte: „Tatsächlich hat ja Westeuropa zwischen Hammerfest und Gibraltar nicht ihresgleichen“ über die Insel, der er „Sonne und Seligkeit“ verdankt; schon die Anreise – damals noch per Schiff – versetzt den gewieften Berliner in eine Art Taumel: „Für die Überfahrt übers Wattenmeer geb ich das ganze Engadin hin und bin meines Handels froh. Ich bin so berauscht, daß ich keine drei Minuten fest auf dem Stuhl sitzen kann.“

Vom Empfänger des Briefes, der während Jacobsohns monatelanger Sommerfrische die Manuskripte nach Potsdam zur Druckerei bringen durfte, ist hingegen nicht bekannt, dass er jemals das Schiff nach Sylt bestiegen hätte. Und einen Hindenburg-Damm hätte Tucholsky wohl aus Prinzip nicht benutzt.

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