Im inzwischen abgeschlossenen Streit um die Ehrenbürgerschaft Wolf Biermanns in Berlin hat sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung mit den bisher in dieser Form gewürdigten Menschen befasst. Eine schöne Fleißarbeit. Das wenig überraschende Fazit das Artikels „Sie sind ein Berliner!“ lautet dabei, dass sich die Träger dieser Würde recht gut nach Parteien aufschlüsseln lassen. Zum Schluss seines Textes kommt Autor Martin Otto noch auf den Vorschlag zu sprechen, verstorbenen Literaten anstelle Biermanns die Ehrenbürgerwürde zukommen zu lassen. Was ihm offenbar überhaupt nicht behagte:
Der besonders abstoßende Versuch, die postume Verleihung der Ehrenbürgerschaft für die Tagespolitik zu instrumentalisieren, also ein Handel mit toten Seelen, der allenfalls in der – dort aber theologisch begründeten Totentaufe der Mormomen eine Parallele findet, geriet in der Biermann-Debatte wieder in den Bereich des Denkmöglichen. Einige SPD-Hinterbänkler wollten Biermann gemeinsam mit Brecht und Tucholsky auszeichnen. Insbesondere Letzterem wäre zu seiner postumen Würdigung, noch dazu auf Betreiben seiner geliebten „Radieschenpartei“ SPD, sicher etwas Passendes eingefallen. Dass Wowereit dieses Schauspiel verhindert hat, ist ihm immerhin anzurechnen.
Martin Otto: „Sie sind ein Berliner!“, FAZ vom 8.2.2007
Otto wirft dabei einiges durcheinander. Zunächst war es doch wohl die CDU, die wieder einmal die Verleihung einer Ehrenbürgerschaft tagespolitisch instrumentalisieren wollte. Die Idee des SPD-Fraktionsvorstands, – aus dem bei Otto Hinterbänkler werden -, lag dagegen darin, diese tagespolitische Debatte mit der Würdigung verstorbener Literaten zu beenden. In einem theologischen Zusammenhang von „toten Seelen“ zu sprechen, ist eines Feuilletons wie dem der „FAZ“ eigentlich unwürdig. Das gilt auch für die Formulierung, wonach ein Versuch in „den Bereich des Denkmöglichen“ geraten kann. Und was der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit in dieser Causa noch bestimmen konnte, nachdem seine Fraktion mit großer Mehrheit für Biermann plädiert hatte, sollte ihm nicht nachträglich noch als Verdienst angerechnet werden. Denn das lag fast schon im Bereich des Denkunmöglichen.
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K.T.:
„Seit ich mich bemühe, eine bunte und möglichst lehrreiche Buchkritik zu machen, ist mein erstes Bestreben dies gewesen: nicht das Literaturpäpstlein zu spielen. Das kann es nicht geben, und das soll es auch nicht geben.“ (K.T. als „Peter Panter“: In: „Die Aussortierten“, in: Die Weltbühne, 13.1.1931, Nr. 2, S. 58)
Postscriptum:
Ich ergänze: Es darf auch keine Politpäpste geben, die nicht wissen, welch Frauen oder Theorien oder Metaphern sie – übungswieseweiseweiß – noch beglücken wollen.
Anton St. Langen-Vorberg:
B-Mann
als Kelchbein, furchtlos
Meine Rundschenk,
gähnend Gestelz,
stehend verlangend
dem Blumenkohl, ja dem
Gegengemüse gleich.
Lachend Weinchen,
Im-Ex-Re-Port,
blutgesegnet des
Vollbluts Wölfchen
oder
Atahuallpa,
Ältervatermutterunser,
Ich habe für dich gedacht und für dich gebetet,
im Knirschenkreisch der StraBa
Freidrichstraße,
tagelang, nächtetraumlang,
für jeden einzelnen,
ihr Stasi-Priester,
glaubt mir,
lasset uns,
ora et laber
vom Stein der Darhöhung
bis zu den Verwässerungen am Südpol
oder unseres Nachplaneten
irren,
gemeinsam einsam.
Am Ende des Altars,
über die Inseln reichend,
da stellt Biermeister-Beißer eine
ungeheure rote
Sonne auf
und wartet,
dass sie untergeht.