In den 1990er Jahren wurde eine Zeitlang darüber diskutiert, ob in Tucholskys Geburtshaus in der Lübecker Straße 13 in Moabit eine Art Begegnungsstätte eingerichtet werden sollte. Das Projekt scheiterte schließlich – wie so häufig – am fehlenden Geld, wie die Berliner Zeitung im April 1999 berichtete.
Nun scheinen sich die Pläne für eine kulturelle Nutzung des Gebäudes doch noch zu verwirklichen. Nachzulesen war dies jedoch nicht in einer Berliner, sondern einer Berner Zeitung. Der Grund: die Künstlerin Simone Zaugg, die zusammen mit ihrem Partner Pfleider das Projekt „Kurt Kurt“ gestartet hat, stamme aus der Schweizer Hauptstadt, schreibt der Bund. In dem Artikel „Im Geist Tucholskys“ bemerkt Autor Christian Hunziker zunächst, dass Moabit heutzutage nicht gerade der angesagteste Stadtteil Berlins ist, und schreibt dann weiter:
Einen dieser verwaisten Läden hat das Künstlerpaar Simone Zaugg und Pfelder gemietet. Er befindet sich in der Lübecker Strasse 13, einem äusserlich unscheinbaren Mietshaus. Eine Gedenktafel neben dem Haupteingang erinnert daran, dass hier am 9. Januar 1890 Kurt Tucholsky das Licht der Welt erblickte. Die ersten beiden Jahre seines Lebens verbrachte der spätere Schriftsteller hier, in einer grosszügigen Wohnung im zweiten Stock.
Dieser Laden an historischer Stelle dient als zentraler Ort für das Projekt «Kurt – Kurt», für das Zaugg und Pfelder renommierte Künstlerinnen und Künstler gewinnen wollen.
Bereitwillig gibt die Künstlerin auch Auskunft darüber, was Tucholsky mit «Kurt – Kurt» zu tun hat:
Als eine Art Mentor begleitet er das Projekt, antwortet Simone Zaugg. Sie schätzt den Schriftsteller dafür, dass er «aufgreift, was ist, auch wenn es unbequem ist, und gleichzeitig Energie spendet». Seine Arbeiten, sagt sie, «werfen einen konstruktiv-kritischen Blick auf die Dinge und tun dem Menschen gut».
Richtig losgehen soll es erst am 1. April, falls bis dahin – was sonst- die Finanzierung gesichert ist. Aber tatsächlich ist in dem Haus bereits etwas aufgetaucht, was schon lange nicht mehr in Berlin gesehen wurde:
In einem weiteren, abgedunkelten Raum konnten die Besucherinnen und Besucher bei entsprechender Aufmerksamkeit den Geist Tucholskys entdecken. Zu erkennen war dort die Darstellung eines Fuchses – ein Beispiel für die Assoziationsfreude von Pfelder und Zaugg. Tucholsky veröffentlichte bekanntlich viele seiner Werke unter den Pseudonymen Theobald Tiger und Peter Panter. Auf den Fuchs kamen die Künstler, weil tatsächlich immer öfter Wildtiere im Berliner Stadtzentrum auftauchen. «Tucholsky», vermutet Pfelder, «würde als schlauer Stadtfuchs zurückkommen.»
Bleibt nur zu hoffen, dass er in der Lübecker Straße nicht die Tollwut bekäme.