Hilferuf aus Rheinsberg

Wer weiß, ob man heute noch von dem Städtchen Rheinsberg besondere Notiz nähme, wenn der Jude Kurt Tucholsky mit seiner jüdischen Freundin Else Weil im Sommer 1911 dort nicht hätte unbehelligt Urlaub machen können. Die Nachrichten, die in jüngster Zeit aus dem Norden Brandenburgs an die Öffentlichkeit dringen, sind dagegen nicht dazu angetan, Touristen in den Ort zu locken. Es sei denn, es handelt sind um als Urlauber getarnte Verfassungsschützer.

In verschiedenen Medien fand ein Hilferuf Resonanz, den die Stadtverordneten Anfang April an ihren Ministerpräsidenten Matthias Platzeck schickten. Über den „Braunen Sumpf am Schloss“ (Tagesspiegel), „Rechts in Rheinsberg“ (taz) und „Braunen Nachwuchs im Touristenstädtchen“ (Spiegel Online) wurde anschließend eifrig berichtet.

Nach der Lektüre bleibt leider nur die Erkenntnis: Von den Vorfällen in Rheinsberg wird vor allem deshalb prominent geschrieben, weil der Ort, – nicht nur wegen Tucholsky -, sehr viele Touristen anlockt. „In den benachbarten Städten Wittstock und Neuruppin sei die Situation doch viel schlimmer, heißt es hinter vorgehaltener Hand“, und bei Spiegel Online. Über solche Entwicklungen ist selten etwas in den Medien zu lesen. Ausnahmen bestätigen die Regel.

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