Unterjochte Sprache

In „Fünf Minuten Deutsch“, der wöchentlichen Sprachkolumne der „Stuttgarter Zeitung“, beschäftigt sich Ruprecht Skasa-Weiß dieses Mal mit der rhetorischen Figur des Zeugma. Skasa-Weißens Begriffserklärung muss den Vergleich mit der Wikipedia nicht scheuen:

Das ist dass Feine an der deutschen Sprache: Man kann darin Schnitzer machen, die selber so fein sind, dass die meisten sie überhaupt nicht bemerken [zum Beispiel das unnötigerweise mit zwei s schreiben, Sudelblog] – während einige wenige diese Schnitzer mit Vorsatz begehen, ja geradezu liebevoll daran feilen. Denn, wie wieder nur wenige wissen: erst im scheinbar Hingestümperten erweist sich bisweilen die wahre Sprachmeisterschaft. Wovon wir reden? Vom Zeugma natürlich. Nüchtern gesprochen, ist das eine Stilfigur, in der sich ein Satzglied auf mehrere Wörter bezieht, ohne zu allen zu passen. Aber mit Nüchternheit kommt man dem Reiz einer so krausen Stilfigur nicht bei. Hier geht es um Wortwitz. Witzig zu sein mit nichts als Wörtern, wie schafft man das?

Am einfachsten beantwortet man eine solche Frage, indem man geeignete Beispiele zitiert:

Zwei Gedankenwelten, die einander völlig fremd sind, rumpeln unvermutet zusammen, aufeinander geschnellt vom Zugseil einer verbindenden Präposition oder eines verbindenden Verbums. Biostunde, frei nach Tucholsky: Der Mensch hat zwei Beine und zwei Überzeugungen – eine, wenn’s ihm gut geht, und eine, wenn’s ihm schlecht geht; die letztere heißt Religion. Oder, nicht von Tucholsky, Momentaufnahme einer Ehe: Sie wirft ihm das Trinken vor und er ihr das Essen nach. Oder, diesmal von unsrem unvergessenen Stuttgarter Nonsensualisten Werner Mitsch, die folgende Kurzbiografie: Die Baronin schenkte ihrem Gemahl sechs Kinder, aber ansonsten keinerlei Beachtung.

Da „Fünf Minuten Deutsch“ nicht mit „Eine Minute Griechisch“ zusammenschnellen dürfen (oder heißt es darf?), muss Skasa-Weiß seinen Lesern leider die Herkunft und eigentliche Bedeutung des Wortes „Zeugma“ unterschlagen. Daher sei an dieser Stelle ergänzt, was Wilhelm Gemoll in seinem griechisch-deutschen Schul- und Handwörterbuch einst darüber zusammengetragen hat:

zeugma Zusammengefügtes. 1. Schiffbrücke. 2. Hafensperre. 3. Joch, Fessel, – n.pr. St. in Syrien bei Samosata.

Die sechs Minuten sind vorbei.

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