Der Spion, der Tucholsky liebte

Wenn sich ZDF-Dokumentarfilmer Guido Knopp mit der Berliner Boulevardzeitung B.Z. zusammentut, ist eigentlich wenig Gutes zu erwarten. Was Knopp aber am gestrigen Donnerstag den Berlinern darüber zu erzählen hatte, wie der Mythos Wolf zerbrach, ließ manchen vielleicht ein wenig langsamer zu den beliebten Kontaktanzeigen blättern. Die Art und Weise, wie der damalige DDR-Spionage-Chef Markus Wolf enttarnt wurde, lässt an so etwas wie eine Ironie der Geschichte glauben:

Begonnen hatte alles acht Monate zuvor auf einem verschwiegenen Dorffriedhof vor den Toren der schwedischen Hauptstadt Stockholm. Am Grab des einst von den Nazis vertriebenen Schriftstellers Kurt Tucholsky hatte sich am 1. Juli 1978 eine Handvoll Besucher eingefunden. Beamte der schwedischen Spionageabwehr lagen in der Nähe auf der Lauer.

Und knipsten ein Foto, auf dem Wolf einige Monate später von einem ehemaligen Stasi-Mitarbeiter erkannt wurde.

Nun wird es wohl immer das Geheimnis von Markus Wolf bleiben (solange ihn niemand danach fragt), warum er unbedingt das Grab Tucholskys in Mariefred besuchen wollte. Aber bei seinem Familienhintergrund ist es vielleicht kein Wunder, dass er ein gewisses Faible für literarische Emigranten hatte.

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