Modalitäten

Je länger die Streit um die Mohammed-Karikaturen dauert, desto differenzierter scheint man sich mit den Aufgaben und Möglichkeiten der Satire auseinanderzusetzen. Ein schönes Beispiel dafür ist der Kommentar von Wolfgang Bager im Konstanzer Südkurier. Darin heißt es:

Was darf Satire? Kurt Tucholsky wusste die verblüffend einfach Antwort: „Alles“. Man würde Tucholsky schlecht kennen und grob missverstehen, schlösse man daraus, dass Satire zügellos diffamieren, beleidigen, verleumden oder gar verletzen und verhetzen dürfe. Gemeint war wohl eher, dass Satire alles dürfen darf, aber nicht alles dürfen muss. Nur, die notwendigen Regeln von Anstand, Geschmack und Stil hat der Urheber von Satire selbst festzulegen und auch die Verantwortung dafür zu tragen. Niemand sonst. Schon gar nicht staatliche oder religiöse Instanzen.

Bager macht noch auf andere Grenzen der Satire aufmerksam:

Andererseits wird vor Satire und Ironie auch immer wieder aus gutem Grund gewarnt. Vor allem, weil beide ein gewisses Maß an Intelligenz voraussetzen. Nämlich die Fähigkeit, hinter den Wortsinn der Dinge zu blicken, die Realität ad absurdum zu führen, um die Realität klarer sehen zu können. Karikatur, Kabarett und Farce können oft trefflicher abbilden als das bloße Spiegelbild. Humor setzt Verstand voraus. Beim Absender und beim Empfänger.

Auch die Aachener Nachrichten bemühten sich darum, Tucholskys Diktum von der allesdürfenden Satire einzuordnen. Das ging allerdings ein bisschen schief.

Kurt Tucholskys Maxime von 1919 („Satire darf alles“) hat er selbst 1932 in seinen „Schnipseln“ eingeschränkt: „Satire hat eine Grenze nach oben: Buddha entzieht sich ihr. (…)“

Dürfen und können sind unterschiedliche Modalverben, und daher lässt sich nicht behaupten, dass Tucholsky seine Forderung von 1919 später eingeschränkt habe. Die Beschränkung liegt nach Auffassung Tucholskys im Wesen der Gattung selbst, und wird ihr nicht von außen auferlegt.

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