Schlürfende Zitate

Die „Neue Zürcher“ widmet sich in ihrem Artikel „Übersetzerhonorare als Existenzbedrohung“ dem Streit zwischen deutschen Verlagen und Buch-Übersetzern. Autor Joachim Güntner hat wohl einmal davon gehört, dass Tucholsky früher gegen die Verleger polemisierte. Das sollte aber dennoch kein Grund sein, ihm folgendes Zitat zuzuschreiben.

Da sie nicht erst seit Kurt Tucholsky als Ausbeuter karikiert werden, die «aus den Hirnschalen» der kreativen Urheber «Champagner trinken», ist ihnen klar, dass sie in der Öffentlichkeit mit strikt wirtschaftlichen Argumenten nicht durchdringen werden.

Dieser Satz stammt von einem anderen Journalisten, der jüngst häufiger mit Tucholsky in Verbindung gebracht wurde. Und zwar von dem im vergangenen September verstorbenen Erich Kuby, der im November 2005 postum den Tucholsky-Preis erhielt. Korrekt lautet das Kuby-Zitat übrigens: Verleger schlürfen ihren Champagner aus den Gehirnschalen der Journalisten. Tucholskys Formulierung lautete dagegen: „So jagen Sie den sauern Schweiß Ihrer Autoren durch die Gurgel – kein Wunder, daß Sie auf Samt saufen, während unsereiner auf harten Bänken dünnes Bier schluckt. Aber so ist alles.“

Kommentare (3)
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  • Giesbert Damaschke

    Gibt es für das Kuby-Zitat einen Nachweis?

    Sucht man bei Google Books nach „champagner + hirnschalen“ stößt man auf ein Buch names „100 Jahre Bruckmann“ von Erich Pfeiffer-Belli aus dem Jahr 1958, in dem das Zitat („Verleger trinken Champagner aus den Hirnschalen der Autoren“) dem Literaturwissenschaftler und Dichter Friedrich Gundolf (1880–1931) zugeschrieben wird. Allerdings auch ohne Nachweis.

    http://books.google.de/books?id=FVBfG3SDim0C&dq=champagner+hirnschalen

    Ich kannte es bislang nur in einer Version von Arno Schmidt:

    „Verleger & BuchHändler: Die freilich trinken ihren Wein (bzw. löffeln ihre HummerSuppe) aus Unsern Schädeln.“ (Denn Wallflower heißt Goldlack)