Die Art und Weise, wie der 70. Todestag Tucholskys in den Medien behandelt wurde, sagt hoffentlich wenig über den Zustand der deutschen Presse.
Da sind zum einen die sogenannten Qualitätszeitungen wie „FAZ“ und „Süddeutsche“. Findet sich in deren Feuilletons etwa ein Text zu diesem Anlass? Mitnichten. Dabei ist gerade der 70. Todestag eines Autors eine gute Gelegenheit, sich mit dessen Rezeptionsgeschichte zu befassen und einen Ausblick zu wagen, wie es nach dem Wegfall des Urheberschutzes weitergeht.
Da sind zum anderen die Regionalzeitungen. Viele von ihnen haben immerhin in ihren Online-Ausgaben eine Würdigung abgedruckt, die die Nachrichtenagentur dpa verbreitet hatte. Da die dpa-Texte meist ungeprüft auf den Seiten erscheinen, ist kaum zu erwarten, dass ein Redakteur die falsche Behauptung korrigiert, wonach Tucholskys Einbürgerungseintrag von den schwedischen Behörden abgelehnt worden sei. Den Druckfehler „Einbürgeung“ hat natürlich ebenfalls niemand gesehen . Eine löbliche Ausnahme bildet die „Mitteldeutsche Zeitung“, die den Leiter des Rheinsberger Tucholsky-Museums, Peter Böthig, zum Thema interviewte.
Da sind die Berliner Blätter. Das „Neue Deutschland“ nimmt das Erscheinen des 19. Bandes der Gesamtausgabe zum Anlass, sich über den Brief- und Vielschreiber Tucholsky zu äußern, die „Berliner Zeitung“ findet einen eher persönlichen Zugang zu dem Schriftsteller, der die lächerlichen Schwächen der Menschen so gnadenlos bloßstellte.
Und zu guter Letzt ist da noch die Nachrichtenagentur AP, die den wohl innovativsten Text über Tucholsky verfasste. Wer deren Artikel mit dem entsprechenden Tucholsky-Text in der Wikipedia vergleicht, kann sehr schön erkennen, wo die Zukunft des Journalismus liegt.