Wer es in den Lyrikkanon von Marcel Reich-Ranicki geschafft hat, darf sich als Dichter selbst postum noch auf die Schulter klopfen. Tucholsky scheint es dem FAZ-Literaturkritiker ohnehin angetan zu haben. Jüngst hatte er noch Schloß Gripsholm als einen „der bedeutenderen Romane des vergangenen Jahrhunderts, die geprägt sind von Humor, Witz, Ironie, Komik“ hervorgehoben. Am Sonntag gehörte nun das Gedicht „Parc Monceau“ zu der exklusiven Auswahl von Stücken, die von der „FAS“ aus dem 1370 Texten des Lyrikkanons ausgewählt und präsentiert wurden. Jeder Redakteur erläuterte kurz die Gründe für seine Wahl. Peter Körte schrieb zu „Parc Monceau“:
Es klingt so einfach, so klar, als flögen die Reime vorbei und ließen sich kurz nieder wie der kleine Vogel. Das sogenannte lyrische Ich arbeitet wie eine Kamera, die ihren Blick durch den Raum schweifen läßt; sie streift das Beiläufige mit milder Ironie wie in einem frühen Film von Truffaut, und wenn man das heute liest, denkt man auch weniger an die zwanziger Jahre als an den Blick der Nouvelle Vague oder an einen Roman von Patrick Modiano, an ein sonniges Paris, und es wird einem ganz leicht dabei.
„Parc Monceau“ ist aber nicht das einzige Tucholsky-Gedicht, das in dem Kanon enthalten ist. Die anderen Texte lauten: „Letzte Fahrt“, „Luftveränderung“, „Das Ideal“, „Ideal und Wirklichkeit“, „Aus!“, „Danach“, „Augen in der Großstadt“ und „An das Baby“. Womit Reich-Ranicki bewiesen hat, dass er auch ein hervorragender Herausgeber von Schullesebüchern wäre.