Journalismus an und für sich

In diesem Jahr reiht sich ein 60. Zeitungsgeburtstag an den anderen. Nach „Berliner Zeitung“ und „Frankfurter Rundschau“ war heute die „Süddeutsche Zeitung“ dran. Und die „SZ“ zeigt der Konkurrenz natürlich, was eine richtige Zeitung ist. Ihre Jubiläumsbeilage umfasst beinahe hundert Seiten, von denen 32 immerhin noch deutschlandweit verbreitet wurden.

Bei so viel Platz lässt sich Journalismus fast aus jedem beliebigen Blickwinkel betrachten. Die politischen Journalisten sind dabei eher für das Grundsätzliche zuständig, – die Möglichkeiten von Journalismus an und für sich. Der Ressortleiter Innenpolitik und Tucholsky-Preisträger Heribert Prantl stellt sich die berechtigte Frage nach der Sinnhaftigkeit des politischen Journalismus. Warum das politische Geschehen kommentieren, wenn selbst Größen wie Tucholsky und Joseph Roth mit ihren Analysen zwar ins Schwarze trafen, aber nichts bewirken konnten? Eine Antwort darauf hat Prantl einmal von einem Feuilletonredakteur erhalten, und man muss vermutlich einer dieser völlig uneitlen Feuilletonredakteure sein, um auf einen solch trivialen Gedanken zu kommen:

Als ich die Frage einmal einem geschätzten Kollegen vom Feuilleton stellte, war dessen Antwort verblüffend. Warum schreibt man einen Kommentar? Antwort: Dass ihn kein anderer schreibt.

Der 2003 verstorbene Herbert Riehl-Heyse befasst sich mit der Frage, wie das „Schreiben im Jahr 2045“ aussieht. Der hypothetischen Antwort nähert er sich dadurch, dass er sich den Journalisten in 40 Jahren vorstellt. Und gerät dabei ins Schwärmen über die gute, alte Zeit:

Sie alle und später Kurt Tucholsky und Karl Kraus, Theodor Wolff und Egon Erwin Kisch, Alfred Polgar und Carl von Ossietzky haben in Zeitungen und Zeitschriften berichtet und kritisiert und sich eingemischt in eine öffentliche Debatte, die ohne Zeitungen überhaupt nicht stattgefunden hätte. Auf diesem Fundament gründet noch heute, was sich an Demokratie und Meinungsfreiheit in Deutschland durchgesetzt hat gegen den Obrigkeitsstaat, der vor nichts so sehr Angst hatte und hat wie vor dem freien Wort.

Riehl-Heyse blendet dabei jedoch aus, die oben genannten Namen alles andere als repräsentativ für den Gesinnungs-Journalismus der damaligen Zeit waren. Daher kann er zu dem folgenden, recht negativen Schluss kommen:

Im Übrigen haben heute die Käuflichen und Feiglinge und Sprachverhunzer auch deshalb mehr Chancen, in den Beruf zu kommen, weil der Bedarf an Journalisten immer größer geworden ist, weshalb der Medienbetreiber vielleicht nicht immer so genau hinschauen kann, wen er sich da ins Blatt geholt hat oder in den Sender.