In welch beneidenswerten Paralleluniversen manche Menschen leben, zeigt ein Artikel von Matthias Biskupek über den 100. Geburtstag der „Weltbühne“. Darin erfindet sich der Autor eine Welt, in der die führenden deutschen Tageszeitungen ausführlich jenes Jubiläum gewürdigt haben. Biskupek schreibt in der „Thüringer Allgemeinen“:
Ein solcher Verstand war den meisten der verehrten Kollegen, die sich in diversen Blättern in den vergangenen Tagen über „Die Weltbühne“ verbreiteten, eher nicht gegeben. Alle wussten nämlich – und schrieben es pflichtschuldigst -, dass die Weltbühne bis 1933 eindrucksvoll war, dann von einem gewissen Budzislawski in Prag geleitet worden war, aber von 1946 bis 1993 ein überaus gruseliges Blatt gewesen sein muss, das den Namen „Weltbühne“ nimmer verdient hatte und folglich unerwähnt bleiben sollte.
All diese schreibenden Kollegen in den so gern meinungsführenden Blättern waren mit Spiegel und Bild, mit FAZ und vielleicht ein bisschen taz groß geworden.
„All diese schreibenden Kollegen“ reduzieren sich in der realen Welt leider auf Peter Jacobs und Detlef Jena, die in der „Berliner Zeitung“ beziehungsweise in der „Thüringischen Landeszeitung“ über die „Weltbühne“ geschrieben haben. Und auf den Text von Jena bezieht sich Biskupek offensichtlich, wenn er den Journalismus der DDR-„Weltbühne“ gegen dessen harsche Kritik zu verteidigen versucht. Das gelingt ihm in keiner Weise, denn alle Beispiele und Zitate, die er anführt, machen mehr als deutlich, wie wenig diese Zeitschrift mit ihrem Original unter Jacobsohn, Tucholsky und Ossietzky gemeinsam hatte. Aber zumindest ist Biskupek ehrlich genug, den Grund für seinen Verteidigungsversuch anzugeben: Als „Weltbühne“-Mitarbeiter von 1978 bis 1993 sei er nun mal befangen.