Es ist schon sehr merkwürdig, an welchen Schlagwörtern die Medien manchmal ihre Artikel aufhängen. Setzte die „Berliner Zeitung“ gestern die Überschrift „Auch Thomas Mann schrieb hier“ über einen Text zum hundertsten Geburtstag der „Weltbühne“, macht es die „Thüringische Landeszeitung“ heute noch ein bisschen bizarrer: „Old Shatterhand auf der ‚Weltbühne'“ steht über der an sich recht schönen Würdigung des Blattes durch Detlef Jena.
Wie der Autor auf den Zusammenhang zwischen der Karl Mayschen Romanfigur und der „Weltbühne“ kommt, ist schnell erklärt: In dem Wikipedia-Artikel über die Zeitschrift werden auch einige der selteneren Tucholsky-Pseudonyme erwähnt, darunter Paulus Bünzly, Theobald Körner und eben jener Old Shatterhand, den Tucholsky zwei Mal verwendet hat. Dass Detlef Jena den Wikipedia-Artikel gelesen hat, ist offensichtlich, hat er sich doch einen Absatz lang sehr stark an der Enzyklopädie orientiert.
Eine solch enge Anlehnung hat Jena eigentlich gar nicht nötig. Denn dass er zu eigenständigen Urteilen und Formulierungen fähig ist, zeigen folgende Passagen:
„Die Weltbühne“ war das anständigste Blatt der Weimarer Republik, weil es, frei von parteipolitischen Intrigen, ein intellektuelles Zukunftsmodell einer praktischen Demokratie in Deutschland entwarf, frei von Nationalismus, Rassismus, Korruption, Vetternwirtschaft, Kriegstreiberei oder sozialer Ungerechtigkeit. (…)
Die ganze Kraft, die antifaschistische Intellektuelle in den Erhalt der „Weltbühne“ investierten, verpuffte im Grunde im Streit um Rechte, Zuständigkeiten oder Empfindlichkeiten bei Herausgebern und Autoren.