Geschminkte Hintern

Ludwig Stiegler ist allgemein dafür bekannt, dass er vor deftigen, bisweilen deplazierten Vergleichen nicht zurückschreckt. Gebildet scheint er ebenfalls zu sein, der Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. Hat er doch dem Sozialexperten Bert Rürup einmal eine Ejaculatio praecox vorgehalten und US-Präsident George W. Bush vorgeworfen, er benehme sich „als sei er der Princeps Caesar Augustus und Deutschland die Provincia Germania“. Dass Stiegler Tucholsky-Zitate kennt, war daher nicht anders zu erwarten. So steht im aktuellen „Spiegel“ denn auch zu lesen (laut Vorabmeldung):

Merkels Konzepte erinnerten ihn an ein Zitat von Kurt Tucholsky. Stiegler: „Man kann den Hintern schminken, wie man will, es wird kein ordentliches Gesicht daraus.“

Dieses Zitat findet sich in der Tat in einem Tucholsky-Text. Im dritten Kapitel von „Schloß Gripsholm“:

„Hast du das gesehn, Karlchen“, sagte ich; „der Alten haben sich richtig die Haare gesträubt! Ich habe so etwas noch nie gesehn …“ – „Man kann den Hintern schminken, wie man will“, sagte Karlchen, „es wird kein ordentliches Gesicht daraus. Die Frau …“ – „Still!“ sagte die Prinzessin.

Aber ob das Zitat deswegen auch von Tucholsky stammt? Stiegler scheint es so gut zu gefallen, dass er in den vergangenen Jahren regelrecht hausieren damit gegangen ist. Und meistens gab er einen anderen Urheber an:

Es ist eine einzige Maskerade für den Sozialabbau, den die CSU betreiben will. Aber mit Georg Christoph Lichtenberg kann man dazu nur sagen: „Man kann den Hintern schminken, wie man will, es wird nie ein ordentliches Gesicht daraus.“