Die Verve, mit der sich ein gewisser Herr Edmund Stoiber derzeit in Regionen außerhalb seines Heimatlandes unbeliebt zu machen versucht, reizte manche Kommentatoren schon zu tiefenpsychologischen Analysen. Für den Berliner „Tagesspiegel“ forderteStephan-Andreas Casdorff außerdem:
Man sollte mal mitstenografieren, was die Leute so reden, schrieb Kurt Tucholsky. Manche tun es inzwischen. Wir lesen: Beleidigungen, Belehrungen, Beschimpfungen. Was die Politiker sich, einander und uns, dem Publikum, zumuten, ist schier unerträglich, ist eine Zumutung.
Bei Tucholskys Aufforderung handelte es sich jedoch nicht darum, die Reden von Politikern mitzuschreiben, sondern die Pseudo-Dialoge des Alltags. Denn was Herr Stoiber bei gewissen Gelegenheiten gesagt hat, ist von den Nachrichtenagenturen sogar fein säuberlich notiert worden. Wer dem gedruckten Wort nicht glaubt, kann sich sogar die Originalrede anhören und selbst „mitstenographieren“.
Was Stoiber mit seinen Beschimpfungen erreichen will, gibt den meisten Beobachtern allerdings immer noch Rätsel auf. In den zwanziger Jahren führte die ausländerfeindliche (Ausländer = Preußen und Juden) Politik der bayrischen Regierung dazu, dass Tucholsky die Kampagne „Reisende, meidet Bayern!“ ins Leben rief. So etwas will Stoiber nun bestimmt nicht wieder provozieren. Viel weniger Fantasie benötigt man, um Stoibers Ausfälle als Rache dafür zu sehen, dass 2002 viele Wähler einen bayrischen Kandidaten gemieden haben.