Eine Marke für sich

Wenn Tucholsky geahnt hätte, dass sein Antlitz dereinst hochpostoffizielle deutsche Briefmarken zieren würde, wäre er mit Beamten und Verwaltung vielleicht sanfter umgesprungen. Aber seit 20 Jahren gehört er tatsächlich zu den zahlreichen Berliner Berühmtheiten, die mit ihm diese Ehre teilen. Und weil diese Briefmarken so toll seien, habe ein Sammler sie in einer Ausstellung versammelt, wie die „Welt“ zu berichten weiß. Allerdings nicht nur im Original:

Horst Zeisig aus Unterhaching bei München hat die Porträt-Galerie zusammengestellt. „Mein Anliegen ist es, das unscheinbare Medium Briefmarke mit seiner millionenfachen Verbreitung so zu präsentieren, daß auch Nicht-Briefmarkensammler, die aber kultur- und geschichtsinteressiert sind, auf ihre Kosten kommen.“ (…) Zeisig begeistert sich auch deshalb für die Marken, weil die Designer die Motive mit großer Akribie gestalten. „Durch die Vergrößerungen ist deren immenses Können erst richtig zu erkennen“, begeistert sich der pensionierte Feinoptiker und Elektronik-Ingenieur.

Was Tucholsky zu seiner eigenen Marke gesagt hätte? Vermutlich etwas Ähnliches wie das Folgende:

Also für die Lachlust in diesem Winter ist ausgesorgt: kein Artikel eines preußischen Kunstkonservators, keine deutsche Briefmarke, kein deutscher Juristentag ist vonnöten, um ungeheure Heiterkeit zu erregen (…)
Ignaz Wrobel: „Schwejk der Zweite“, in: Die Weltbühne, 21.12.1926