Päpste unter sich

Wenn Frank Schirrmacher etwas behauptet, muss das wohl stimmen. Schließlich ist er nicht ohne Grund Feuilletonchef der „FAZ“ geworden. Erst recht muss dies gelten, wenn Schirrmacher eine Laudatio auf Marcel Reich-Ranicki hält, der schließlich nicht ohne Grund einmal Literaturchef der „FAZ“ gewesen ist. So berichtet die Nachrichtenagentur dpa über ein Fest aus Anlass von Reich-Ranickis 85. Geburtstag in der Frankfurter Paulskirche:

Frank Schirrmacher, Feuilletonchef und Mitherausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, stellte Reich-Ranicki in eine Reihe mit Kurt Tucholsky. Reich-Ranicki sei der „einflussreichste Kritiker in der Geschichte der deutschen Literatur“, sagte Schirrmacher.

Die dpa berichtet leider nicht, was Reich-Ranicki auf dieses Lob geantwortet hat. Von Tucholsky sind zumindest folgende Sätze überliefert:

Ich trete für neue Leute ein, wo ich nur kann, und daß ich kein Literaturpapst bin, wissen Sie auch.
Kurt Tucholsky: Brief an Irmgard Keun, 16.7.1932

Oder gar:

Ich will euch was sagen: bin ich vielleicht ein Fremdenführer? Lest das Buch selber!
Peter Panter: „Der rasende Twardowski“, in: Die Weltbühne, 20.1.1920, S. 158

Ein wenig differenzierter als Schirrmacher sieht Gerrit Bartels in der „taz“ das Phänomen Reich-Ranicki. Seit Fazit in dem Text Marcel Reich-Ranicki und die Seinen lautet:

So könnte es eines Tages die Crux von Marcel Reich-Ranicki sein, dass sein Leben und die spätere Medienpräsenz seine literaturkritische Arbeit und Bücher weit überstrahlen; dass er lediglich als „Popstar der Kritik“ in die Literaturgeschichte eingeht und es „seine populistische Lust an provokativer Grellheit und Wirkung“ (Reinhard Baumgart) ist, die dem von ihm immer anvisierten großen Publikum in Erinnerung bleibt.

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