Von Fritz J. Raddatz, Vorsitzender der Tucholsky-Stiftung, ist hinreichend bekannt, dass er seinen Tucholsky gut kennt und ihn auch ausgiebig zitiert. So auch in einem Text in der „Welt“, in dem er Dieter Fortes Roman „Auf der anderen Seite der Welt“ rezensiert. Darin heißt es an einer Stelle:
Nun wußte schon der kluge Tucholsky „Keine Liebe ohne bitter“. Will sagen: Der Roman hat einen Makel; gelungen bedeutet eben nicht vollendet.
Und weil allgemein bekannt ist, dass Raddatz in Sachen Tucholsky nicht unbedarft ist, sei hier nur kurz festgestellt: „Keine Liebe ohne bitter“ stammt nicht von Tucholsky und sollte daher in Zukunft bitte nicht als Tucholsky-Zitat in Umlauf gebracht werden. Was nicht heißen soll, dass sich dieser Satz nicht in einem Text von Tucholsky findet. Und zwar in der Glosse „Taschen-Notizkalender“, in dem sich über eine merkwürdig ins Deutsche übertragene Sammlung von Sprüchen ausgelassen wird:
Das Ding ist in deutscher Sprache verfaßt, unzweifelhaft – aber irgend etwas in der Druckerei muß feucht geworden sein: der Verfasser, das Papier oder der Setzer … es ist eine Art Privatdeutsch. So:
Über „Angaben und Rezepten über einfache Tierarzneikunde“, wobei zu bemerken: „Zur Vernichtung der Lause“ und „Zur Entfernung der Fliegen“ treten wir in den Jahreskalender, der durch allgemein belehrende Angaben und fromme Sprüche geziert ist
Peter Panter: „Taschen-Notizkalender“, in: Vossische Zeitung, 30.6.1928
Einer dieser frommen Sprüche lautet: „Liebe ist nicht ohne bitter“, – was Tucholsky mit dem Satz kommentiert: „Wem sagt der Kalender das!“ Er war eben nicht nur klug, sondern auch leidgeprüft.